Hohenwart, Sigmund Anton (Graf) von, Bischof (1730-1820)
Eigenhändiger Brief in lateinischer Sprache mit Namenszug am Kopf, 2 1/4 Seiten, gr-8, Linz, ohne Datum (1775); rotes Lacksiegel mit Monogramm Hohenwarts auf dem Adressblatt. - An den befreundeten Botaniker und Chemiker Nikolaus Joseph Freiherr von Jacquin (1727-1817), mit dessen Antwortvermerk vom 12. 10. 1775. - Detailreiches Schreiben des damals an der Theresianischen Akademie in Wien lehrenden Jesuiten und Regens des nordischen Stifts zu Linz an den renommierten Naturforscher Jacquin in Wien. Hohenwart, der als Universalhistoriker auch stark naturwissenschaftlich interessiert ist, würde gerne an den botanischen Exkursionen Jacquins teilnehmen, berichtet von seiner eigenen botanischen Tätigkeit, von Problemen des akademischen Betriebs und von Bibliotheksangelegenheiten. Mit dem Beamten und leidenschaftlichen Botaniker Franz von Mygind (1710-1789), ebenfalls Freund Jacquins, und dem Prälat von Kremsmünster unternahm er eine nicht ganz befriedigend verlaufene Tour in die Alpen: "Excursionibus tuis botanicis tertius ego comes adesse optassem, sed quod conjugem, olim vitis pectoris laborantem, passus fueris una venire, miror. De meo in alpes itinere ex Mygindo optimo audiveris; non fuerat operae pretium; multa impedivere: proprimis Praelati Cremifanensis comitus, qui comes esse voluit, et idem fuit aliquantum impedimenti. Cogitabam per montes in Styriam penetrare, sed Mygindum expertus pedibus seniorem, nolui amicum exponere difficilibus casibus." Und er würde gerne eine Monographie über die Fische Oberösterreichs erstellen, wenn ihm seine anstrengende Tätigkeit nur Zeit dazu ließe: "Si otium esset, Piscium Superioris Austriae indicem, et historiam adgrederer; vastus campus, et in quo certo multa nova: at vix officijs meis satisfacere possum adeo laboriosum munus gero." An zeitgenössischen Forschern erwähnt der Brief unter anderem Heinrich Johann Nepomuk von Crantz (1722-1797), Hans Caspar Hirzel (1725-1803) und Jan Ingenhousz (1730-1799). Von Interesse sind ferner die Bemerkungen über die Tätigkeit des umstrittenen Arztes und Magnetiseurs Franz Anton Mesmer (1734-1815) in Zürich: "Scribit mihi Hirzelius, celebrem D[octor]em Mesner[!] Tiguri esse, ibique subqueri de Hellio, et Ingenhouszio; ait, virum magnetismo suo animali pene infatuatum, compararique enthusiasmo Lavetero[!] licet alio in argumento versanti." Zwischendurch bietet Hohenwart dem Freund auch noch eine Sendung aus seiner reichen Apfelernte an: "utimur faventissima tempestate, pomorumque copia magna; si scirem tibi non ingratum fere, usuique, mitterem centurias aliquas pomorum Porsttorffensium, item ... Aepfel, et Leder Aepfel, seu Reinette utor vulgaribus nominibus. Si placent, sincere scribe, mittam." - Schöner neulateinischer Brief; vollständige Transkription liegt bei.
Vgl. ÖBL 2, 397. - Sigmund (auch Sigismund) Anton Graf von Hohenwart zu Gerlachstein - er wird gerne mit dem Bischof und Naturforscher Sigismund von Hohenwart (1745-1825) verwechselt - trat schon als Jugendlicher in den Jesuitenorden ein, in dem der akademischen Forschung stets ein hoher Stellenwert eingeräumt wurde. 1777 bestimmte ihn Maria Theresia zum Lehrer des späteren Kaisers Franz II./I., 1791 wurde er Bischof von Triest, 1794 Bischof von St. Pölten und 1803 schließlich Fürsterzbischof von Wien. Als solcher bewies er eine mutige Haltung während der zweimaligen Besetzung Wiens durch die Franzosen, setzte sich für Klemens Maria Hofbauer, den späteren Stadtpatron von Wien ein und förderte den Abbau des Josephinischen Staatskirchentums.
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