Wolf, Hugo, Komponist (1860-1903)


Eigh. Brief mit Unterschrift, 4 Seiten, kl-8, Wien, 18. 1. 1895, mit eigh. Kuvert. - Ausführliches Schreiben an seinen Freund und Förderer, den Richter und Komponisten Oskar Grohe in Mannheim. "Mein lieber Freund! Ein Wunder, ein Wunder, ein unerhörtes Wunder ist geschehen. Der lang ersehnte Operntext hat sich endlich gefunden; Fix und fertig liegt derselbe vor mir u. ich brenne nur so vor Begierde mich an die musikalische Ausführung zu machen. Sie kennen doch die Novelle "der Dreispitz" von Pedro de Alarcon. Dieselbe ist bei Reclam erschienen. Frau Rosa Mayreder, eine, mir seit Jahren bekannte, geniale Frau, hat das Kunststück fertig gebracht die Novelle in ein äußerst wirkungsvolles Opernbuch umzuwandeln u. sich künstlerisch auf der Höhe des Dichters zu halten. Freund Schalk, dem ich das Buch vorgelesen äußerte sein überschwengliches Entzücken über die außerordentliche Kraft u. Geschicklichkeit der Verfasserin u. meinte, es sei die komische Oper par excellence. ..." Weiters über eine erhoffte finanzielle Unterstützung durch den Freiherrn Franz von Lipperheide. "... In zwei Jahren längstens hoffe ich das Werk vollenden zu können. Mit aller Macht drängt es mich den Wirrsalen meiner jetzigen Verhältnisse zu entfliehen, der mich umgebenden Stickluft zu entweichen, um neue Eindrücke auf mich einwirken zu lassen. Mit Recht schreibt einmal der unglückliche Stauffer-Bern an Peter Halm: 'Lokalwechsel ist sehr gut, merke Dir das. Ist man zu lange an einem Ort, so lullt man sich sachte in eine gewisse Selbstgenügsamkeit ein, zu welcher gute Freunde u. die liebe Faulheit (Geistesfaulheit) das ihrige beitragen.' Wie wahr! ... Partitur u. Klavierauszug des so lange zaudernden Feuerreiters haben Sie wohl schon erhalten? Den Hymnus habe ich nicht verkauft. Schott druckt ihn zwar auf seine Kosten, aber das Eigenthumsrecht hat er nicht erworben. Dieser Tage geht mein Gesuch an den deutschen Kaiser ab, dem das Stück gewidmet werden soll. Ich bin höchst begierig zu erfahren, ob mein Gesuch in Gnaden erledigt wird. Zwei bis drei Wochen werde ich auf den Bescheid wohl warten müssen. Prof. Schmidt in Berlin wird den Hymnus auf Ochsen's Veranlassung aufführen. Und somit: 'Gnade Gott der Sache dein.' Das hätte ich schon in die Partitur des Feuerreiters hinein schreiben sollen. Aber gute Gedanken kommen leider oft zu spät. Herzliche Grüße von Ihrem still getreuen Hugo Wolf." - Vollständige Transkription beiliegend.

"Der Corregidor" erlebte am 7. Juni 1896 in Mannheim seine Uraufführung und wurde mit großem Beifall aufgenommen, konnte sich jedoch nicht dauerhaft auf den Spielplänen behaupten. Die Librettistin Rosa Mayreder (1858-1938) war eine energische Vorkämpferin der Frauenemanzipation in Österreich; Franz Schalk (1863-1931) war Dirigent und langjähriger Direktor der Wiener Staatsoper. Die 1888 als Lied mit Klavierbegleitung veröffentliche Ballade "Der Feuerreiter" (nach Mörike) wurde von Wolf 1892 auch für Chor und Orchester bearbeitet. Franz Freiherr von Lipperheide (1838-1906) war ein deutscher Verleger, der Tirol zu seiner zweiten Heimat machte; in dem von ihm errichteten Schloss Neu-Matzen vollendete Wolf den "Corregidor". Karl Stauffer, genannt Karl Stauffer-Bern (1857-1891) war ein Schweizer Maler, Radierer und Bildhauer, der durch Suizid endete; Peter Halm (1854-1923) war Professor für Radierkunst in München. Seinen patriotischen Hymnus "Dem Vaterland" (nach Text von Robert Reinick) versuchte Wolf mehrfach Kaiser Wilhelm II. zu widmen, was dieser jedoch aus inhaltlichen Gründen ablehnte.

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