Eigenhändiger Brief mit Unterschrift "Rechberg", 6 1/4 Seiten, gr-4, Verona 11. 9. 1853. - Ausführliches vertrauliches Schreiben an eine Excellenz in Wien über die Unmöglichkeit einer Zusammenarbeit mit Feldmarschallleutnant Ludwig von Benedek, damals Generalstabschef der Italienarmee von Feldmarschall Radetzky, sowie über die Schwierigkeiten beim Übergang von der Militär- zur Zivilverwaltung in Oberitalien. "... Ich habe Wien mit dem festen Vorsatz verlaßen, alles aufzubiethen, um zwischen dem H. Feldmarschall Lieutenant von Benedek und mir wo möglich ein gutes oder doch wenigstens ein solches Verhältniß herzustellen, daß es möglich geworden wäre, durch gegenseitiges Einverständniß die uns anvertrauten, wichtigen Geschäfte zu fördern. Ich fand aber die Sachen noch schlechter als ich erwarten konnte. Von den vielen kleinlichen persönlichen Neckereyen und Unbilden die ich täglich zu erdulden habe, will ich keine Erwähnung thun. Ich werde mich gerne über dieselben hinaussetzen, wenn ich dem Dienste des Kaisers dadurch förderlich seyn kann. Es war mir aber nicht möglich seit meiner Ankunft in Verona auch nur den leisesten Anhaltspunkt aufzufinden, der zu meiner Annäherung an Gen. Benedek hätte führen können. ... General Nobili ist noch nicht hier eingetroffen. S. E. der H. Marschall sagte mir heute er sey noch auf einer Inspectionsreise begriffen und da er nach Wien soll, so wird er nicht hier eintreffen können vor dem 1.tn October. Gen. Benedek müßte daher bei Uebernahme der Polizey durch die Polizeysection und bei Organisirung dieser Section für ihn functioniren. Von welchen Ansichten er ausgeht, beweist der heute in Abschrift an Euer Excellenz abgehende Bericht zu dem ich leider genöthigt war ein Separat Votum abzugeben. Ich hatte Einwendungen gegen denselben erhoben. Ohne sich in nähere Verständigungen mit mir einzulaßen, überredete Gen. Benedek den Marschall ihn zu paraphiren und ließ mir sagen, er könne nun nicht mehr abgeändert werden; es stehe mir jedoch offen einen Separat Bericht anzuschließen. Dieß Verfahren verstößt ganz wider den bisher eingeführten Gebrauch und gegen die Uebereinkunft, nach welcher bei Meynungsverschiedenheit vorerst eine Verständigung versucht und dann erst der Vortrag an den Generalgouverneur erstattet werden sollte. Dieser Bericht hätte auch gar nicht von der Militair Section erstattet werden sollen; er gehört zu dem Geschäftsbereich der Civil Section. Es hat hiemit folgende Bewandniß. Als die Allerhöchsten Erlaße vom vorigen Monat hier anlangten, bemächtigte sich die Militair Section derselben und theilte sie der Civilabtheilung nur ad videndum mit. ... Die Militairsection nahm also auch die Vorbereitung zur Durchführung der Allerhöchsten Befehle auch den Statthaltern und übrigen Civilbehörden gegenüber in die Hand. ... Die ganze Tendenz geht offenbar dahin die kaiserlichen Erlaße zwar anzuerkennen, aber sie durch Winkelzüge soviel wie nur immer möglich zu annulliren. Die beschleunigte Ankunft des H. Feldmarschall Lieutenants Grafen von Nobili wäre unter diesen Verhältnißen ein dringendes Bedürfniß. Mit den nicht unter den Befehlen des H. Gen. von Benedek stehenden Officieren stehe ich auf dem früheren guten Fuße ... Dagegen meiden mich alle Ofificiere die den Unwillen des H. Gen. von Benedek zu befürchten haben, und dieß ist die große Mehrzahl, wie einen Verpesteten. Es ist nicht gut wenn ein Zerwürfniß zwischen den höheren Behörden auf diese Weise kund gegeben und zur Schau getragen wird. Namentlich in Italien wirkt dieß schädlich. ... Hätte ich auch nur die geringste Hoffnung eines Erfolges, ich würde der guten Sache willen auch jetzt noch sogleich bereit seyn, den ersten Schritt zu einer Versöhnung oder einer Verständigung zu thun. Genehmigen Hochdieselben den erneuten Ausdruck der ehrerbiethigsten Hochachtung mit der ich die Ehre habe zu verharren Euer Excellenz gehorsamster Diener Rechberg." - Unbedeutende Randmängel, kleine Fehlstelle durch Tintenfraß, zwei kleine Bugeinrisse. Vollständige Transkription beiliegend.
Rechberg war ab 1829 Gesandter im auswärtigen Dienst, kehrte 1847 nach Österreich zurück und begleitete im Jahr darauf Metternich auf seiner Flucht bis Den Haag. 1853 wurde er Ziviladlatus Radetzkys in Italien und hatte diese Funktion bis 1855 inne. Empfänger des Schreibens war vermutlich Karl Ferdinand Graf von Buol-Schauenstein (1797-1865), der von 1852 bis 1859 das Amt des Ministerpräsidenten und Außenministers bekleidete und in diesen Funktionen dann von Rechberg abgelöst wurde.
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